Das Kinderbüro – Die Lobby für Menschen bis 14 ist eine Interessenvertretung für junge Menschen, die sich für deren Rechte und Beteiligung in der Gesellschaft und Politik einsetzt. Ein wesentliches Instrument dafür stellt das KinderParlament Graz dar, das überparteilich im Auftrag der Stadt Graz durchgeführt wird. Bei regelmäßigen Terminen können hier interessierte Kinder ab 8 Jahren ihre Meinung sagen und auch mitbestimmen, was in Graz verändert werden soll.
Im September ging es wieder los und das heurige KinderParlaments-Jahr wurde zum Themenschwerpunkt „Essen“ gestartet. Wir dürfen heute einen Einblick hinter die Kulissen geben und darüber, was den Kindern beim Thema Schulessen eigentlich so am Herzen liegt.
Ein großer Dank für die Bereitschaft zum Interview
an Mag.a Kathrin Kapeundl vom KinderParlament Graz,
an den 11-jährigen Felix, der ehemalige Kinderbürgermeister der letzten 3 Jahre
und an die 11-jährige Fabienne, die amtierende Grazer Kinderbürgermeisterin
Was hat das Kinderparlament Graz mit dem Thema Kindergarten- und Schulverpflegung zu tun?
Kathrin: Die Verbesserung des Schulessens ist schon seit langer Zeit ein Anliegen der Kinder des KinderParlaments Graz. Sehr stark setzen sich unter anderem der ehemalige Kinderbürgermeister Felix und die amtierende Kinderbürgermeisterin Fabienne dafür ein. Felix hat hierfür immer wieder Veranstaltung besucht (wie z.B. auch den ersten Stakeholderrat von ZUKUNFT ESSEN) und Entscheidungsträger:innen getroffen, um dem Thema Gehör zu verschaffen. Fabienne hat erst diesen Sommer einen Leserbrief in der Kleinen Zeitung veröffentlicht.
Im Fall der öffentlichen Volksschulen ist die Stadt als Trägerin für die Kindergarten- und Schulverpflegung verantwortlich. Da das KinderParlament eine Vertretung der Grazer Kinder ist, nutzen die Kinder die Möglichkeit, sich im Rahmen dessen für ihre Anliegen einzusetzen und Mitsprache einzufordern.
Wie kam es dazu, dass sich euer Kinderparlament für Kindergarten- und Schulverpflegung engagiert?
Felix: Soweit ich mich noch erinnern kann, hat das ganze Thema Fahrt aufgenommen, als ich zum ersten Mal Kinderbürgermeister wurde. Damals, in der Volksschule, war das Essen ein großes Thema, weil es vielen sehr oft nicht geschmeckt hat. Außerdem wurde kübelweise Essen weggeworfen, das ist wirklich schade. Oft haben wir uns gefragt, wie man das Essen besser machen könnte. Und das habe ich dann in meinen Perioden als Kinderbürgermeister versucht. Ich war auch in der Grazer Zentralküche und habe versucht, einige Anregungen zu geben, wie man das Essen kindgerechter machen könnte.
„In der Volksschule wurden Kinder – darunter auch ich – oft nicht richtig satt, da das Essen entweder in Bergen von gekochtem Gemüse unterging, viel zu durchgekocht war (z. B. konnte man das Fleisch mit der Zunge zerlutschen, die Nudeln waren gatschig) oder einfach nicht kindergerecht war (Grünkohlstrudel, Fischrisotto etc.).“
Felix, ehem. Kinderbürgermeister Graz
Was empfindet ihr bei der Kindergarten- und Schulverpflegung als besonders wichtig?
Felix: Gut wäre es zum Beispiel, wenn man, anstatt überall gekochtes Gemüse reinzuwerfen, stattdessen rohes Gemüse anbieten würde. In unserem Kindergarten gab es z. B. immer Karotten und Gurken zum Knabbern, das war sehr beliebt. Wenigen Kindern schmecken zerkochte Tomaten oder Karotten, aber vielen würden sie schmecken, bevor sie in den Kochtopf kommen.
Ein weiterer Aspekt wäre die Gestaltung des Speiseplans. Immer wieder war es der Fall, dass es Tage gab, an denen fast niemand das Essen gemocht hat, während an anderen zwei oder drei Gerichte angeboten wurden, die allen schmeckten. So könnte man die beliebten oder mittelbeliebten Gerichte immer mit den unbeliebteren mischen, sodass immer eine Ausweichmöglichkeit besteht, und so am Ende des Tages alle satt sind.
Eine weitere Idee von mir war, dass die langen Aufwärmzeiten des Essens verkürzt werden könnten, damit das Essen, das eigentlich schmecken würde, wie z. B. Nudeln, nicht gatschig auf den Teller kommen.
Mein Anliegen ist, dass das Essen gesund, abwechslungsreich und warm ist. Auch österreichische Klassiker, wie Schnitzel oder Mehlspeisen könnten zwischendurch angeboten werden.
Fabienne, amtierende Grazer Kinderbürgermeisterin
Warum sollen Kinder und Jugendliche bei der Gestaltung miteinbezogen werden?
Felix: Der Einbezug der Konsument:innen ist so gut wie unabdinglich.
Fabienne: Schon Herbert Grönemeyer hat gesungen: „Kinder an die Macht“. Wir fühlen uns gehört und gleichzeitig sind ja wir Kinder diejenigen, für die gekocht wird.
“Die, die es essen, sollten auch darüber nachdenken und diskutieren, denn die, die es nicht essen, können niemals einen besseren Eindruck vom Essen haben als all jene, die zu Mittag darauf angewiesen sind.”
Felix, ehem. Grazer Kinderbürgermeister
Wie kann eine gleichberechtigte Beteiligung von Kindern und Jugendlichen bei diesem Thema gelingen?
Felix: Was diesen Punkt betrifft, haben wir schon einen Schritt nach vorne gemacht: Es war toll, dass es bereits zwei Umfragen gab, wo von der Stadt Graz abgefragt wurde, was Familien gerne am Schulessen verbessern würden. Aber man hat dabei die Eltern gefragt und nicht die Kinder. Bei der ersten Umfrage mit über 1000 Teilnehmern kamen bereits viele interessante, teils bekannte, teils unbekannte Fakten über das Schulessen heraus. Etwas weniger als die Hälfte sagte bei der ersten Umfrage, es schmeckt nicht. Außerdem kam heraus, dass 69 Prozent der Kinder bei der Ausgabe nicht aussuchen durften, was sie essen wollten. Durch eine kontinuierliche Wiederholung dieser Umfrage können wir einen guten Überblick über die Lage behalten und so auch sehen, was sich tut. Ich glaube, dass solche Umfragen ein guter Weg wären, die Kinder und Jugendlichen zu befragen und ihre Meinungen einzuholen. Aber eben direkt die Betroffenen. Und man sollte dabei nicht nur geschlossene Fragen haben, sondern auch die Möglichkeit, dass Kinder ihre eigenen Vorschläge zum Essen einbringen.
Ich würde mir wünschen, dass die Erwachsenen uns für dieses Thema öfters befragen und uns zuhören. Durch das Einbinden der Kinder und Jugendlichen in den Gesprächen kann eine Gleichberechtigung stattfinden.
Fabienne, amtierende Kinderbürgermeisterin Graz
Gesundes Essen ist wichtig, aber wenn es gar nicht schmeckt, hilft es nichts – so werden die Kinder weder gesünder noch satt. Eine gute Mischung ist besser.
Felix, ehem. Grazer Kinderbürgermeister
Was wünscht ihr euch bzgl. der bestehenden Kindergarten- und Schulverpflegung in Hinblick auf Partizipation?
Felix: Wie ich schon gesagt habe. wir Kinder möchten gerne direkt einbezogen werden, eben auch bei zukünftigen Umfragen. Und es gibt in der Stadt Graz viele Bemühungen, das Schulessen zu thematisieren, aber nicht überall möchten sie Kinder dabeihaben. Das finden wir sehr schade.
Fabienne: Eine zeitnahe Umsetzung der Einbindung in die Gespräche würde ich mir wünschen.
Wie werden eure kleinen Tischgäste einbezogen?
Schickt uns gern eine Nachricht an hallo@zukunft-essen.at. Wir freuen uns, wenn ihr uns teilhaben lässt!
Weitere Infos:
Hier geht’s zum KinderParlament Graz
Mehr über „Faires Miteinander“ als wesentliche Zutat für eine gute Schul- und Kindergartenverpflegung findet ihr in unserem Info-Bereich!
Fotos: ©Kinderbüro; Titelbild: ZUKUNFT ESSEN (Stakeholderrat)
Kategorie: Allgemein
Veröffentlicht am: 30. September 2024